Jonathan Kurfess ist Gründer und CEO der Marktforschungsplattform Appinio, und wurde vom Magazin Business Punk zu den 100 wichtigsten Köpfen für 2020 gewählt. Mit MANAGERS WAY spricht er über seinen Berufswunsch als Kind, seine Karriere und über Marketing.
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
Jonathan Kurfess: Grundoptimistismus. Hartnäckigkeit. Idealist.
Was war Ihr Traumberuf als Kind?
Als Kind wollte ich unbedingt Anwalt werden – und zwar für Todeskandidaten in den USA. Grund dafür war ein Artikel in der Hamburger Morgenpost, den ich im Alter von acht oder neun Jahren in die Hände bekommen hatte. Darin waren Bilder aller Todeskandidaten der USA zu sehen. Die Menschen, die vor Jahrzehnten Straftaten begangen hatten und dafür dann Jahre später sterben sollten, taten mir leid.
Plan B war übrigens Profi-Tennisspieler: Viel reisen, interessante Menschen kennenlernen und Tennis spielen in der Sonne. Hat aber alles Gott sei Dank doch nicht geklappt.
Warum haben Sie Ihren jetzigen Beruf gewählt und sich für die Marktforschung entschieden?
Die Idee für Appinio kam mir bereits während des Studiums. In meiner Abschlussarbeit habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie die angestaubte Marktforschung modernisiert werden kann. Denn sie ist viel zu langsam und viel zu teuer. Das wollte ich mit Appinio ändern. Mit meinem Konzept für eine moderne Variante der Marktforschung bin ich in der starren Struktur meines damaligen Arbeitgebers allerdings auf taube Ohren gestoßen, weshalb ich meinen Job kündigte, um Appinio selbst aus der Taufe zu heben.
Kurz darauf gründete ich das Unternehmen zusammen mit unserem jetzigen CTO Kai Granaß. Etwas später kam noch unser jetziger COO Max Honig hinzu, der heute das eingespielte Führungstrio komplettiert.
Gab es Zeiten, an denen Sie an Ihnen als Unternehmer gezweifelt haben?
Da ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst habe, bin ich auch mein größter Kritiker. Das heißt aber nicht, dass ich an mir oder Appinio zweifele. Im Gegenteil: Ich glaube, dass wir mit Appinio genau den richtigen Weg eingeschlagen haben. Dass meine Kolleg*innen und ich auf diesem Weg auch mal Fehler machen, ist völlig normal und auch wichtig. Aus Fehlern lernt man und kann sich und das Unternehmen weiter optimieren.
Welche Eigenschaften sind am wichtigsten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Unbedingt hartnäckig bleiben! Was Gründer*innen von Nicht-Gründer*innen unterscheidet, ist die Hartnäckigkeit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn es ungemütlich wird. In den Anfangsjahren von Appinio habe ich beispielsweise jeden Tag viele Stunden mit Cold Calls verbracht, um neue Kund*innen zu gewinnen. Diese Hartnäckigkeit zahlt sich irgendwann aus.
Außerdem sollten Gründer*innen zu 100 Prozent von der Idee überzeugt sein, keine Angst vor dem Urteil anderer oder vor dem Scheitern haben. Und vielleicht der wichtigste Punkt: Karma is a bitch. Behandle Menschen um Dich herum freundlich und mit Respekt, dann erfährst Du viel Unterstützung – und die ist gerade für junge Gründer*innen extrem wertvoll.
Welches Buch oder welche Person hat Sie am meisten beeinflusst und warum?
Während meiner Schulzeit habe ich das Buch “Kopf schlägt Kapital” (Amazon Partner-Link) von Günter Faltin gelesen. Darin beschreibt er, wie man erfolgreich ein Unternehmen bootstrappen kann. Das Buch hat damals Eindruck bei mir hinterlassen und Lust aufs Unternehmertum geweckt.
Was war das größte Erfolgserlebnis, das Sie bisher hatten?
Die Gründung und der andauernde Erfolg von Appinio. Zu Beginn des Jahres wurde ich außerdem in die Forbes-Liste der “30 unter 30” in Europa gewählt. Diese Auszeichnung hat mich natürlich geehrt und ist auch eine Bestätigung für die konstant starke Arbeit, die das komplette Appinio-Team seit Jahren leistet. Wir sind inzwischen ein erfolgreiches sowie stark wachsendes Unternehmen, das zudem ganz ohne Geld von VCs auskommt. Das macht mich schon stolz. Zusammen revolutionieren wir Tag für Tag die Marktforschungsbranche.
Gibt es internationale Unternehmer*innen, mit denen Sie sich vergleichen oder von denen Sie lernen?
Vor ein paar Monaten hätte ich an dieser Stelle Elon Musk genannt, der sich mit seinen Unternehmen Tesla und SpaceX für die Lösung von gesamtgesellschaftlichen und ökologischen Problemen einsetzt. Nachdem sich Musk aber mehrmals öffentlich auf die Seite von US-Präsident Donald Trump gestellt hat, von dem ich sowohl menschlich als auch politisch nichts halte, würde ich Musk nicht mehr als Vorbild bezeichnen.
Wie wichtig war Marketing beim Aufbau Ihrer Karriere? Und welche Möglichkeiten haben Sie dafür genutzt?
Wie bei vielen jungen Unternehmen ist auch Appinio zu Beginn vor allem durch Weiterempfehlungen gewachsen. Zwei Jahre später haben wir zusätzlich in Marketing investiert und auch über gewonnene Awards mediale Sichtbarkeit erzielt. Heute spielen vor allem PR und Content Marketing eine wichtige Rolle, um auch bei den Entscheidern in den Unternehmen auf dem Radar zu erscheinen.
Appinio ist dem Status eines Start-ups mittlerweile etwas entwachsen, weshalb wir mit Hilfe von Insights, Studien und Reports wie bspw. unserem Corona Consumer Report für eine erhöhte Sichtbarkeit sorgen und unsere Glaubwürdigkeit festigen.
Gibt es noch berufliche Ziele, die Sie erreichen möchten?
Mit Appinio haben wir die Marktforschung demokratisiert und jedem ermöglicht, innerhalb weniger Minuten repräsentatives Feedback von Konsumenten zu erhalten. Unser Ziel ist es, dass sich Echtzeit-Marktforschung mit Appinio global als Standard in allen Unternehmen etabliert.
Außerdem möchten wir mit Appinio zeigen, dass ein Unternehmen auf der einen Seite stark wachsen, erfolgreich und profitabel sein kann – und auf der anderen Seite gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Diese beiden Seiten stehen meiner Meinung nach nicht im Widerspruch. Seit Beginn des Jahres ist Appinio beispielsweise Partner des Eden Reforestation Projects, einer Non-Profit-Organisation, die sich der Wiederaufforstung in den ärmsten Regionen der Welt verschrieben hat. So sind wir in diesem Jahr als Unternehmen komplett CO2-neutral.
Meine Hoffnung ist, dass wir damit auch als Inspiration dafür dienen, wie Unternehmertum heute funktionieren kann: nicht turbo-kapitalistisch, sondern gesund.
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