Christina Schädler ist Vorstandsmitglied der BEOS AG sowie ab Juli 2025 Head Real Estate bei Swiss Life Asset Managers in Deutschland. In unserem Interview spricht sie über prägende Karrieremomente, ihre Leidenschaft für komplexe Projekte und die Herausforderungen, vor denen die Branche heute steht. Von geopolitischer Unsicherheit bis zur digitalen Transformation. Sie erklärt, wie Resilienz, Entscheidungsstärke und echte Neugier auf Menschen entscheidend für langfristigen Erfolg sind.
Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
Positiv, analytisch und resilient.
Waren Sie eine gute Schülerin und was war Ihr Traumberuf während der Schulzeit?
Anfangs war ich in sprachlichen Fächern deutlich besser als in den naturwissenschaftlichen. Meine Mutter war Lehrerin für Latein und Deutsch, und meine Eltern beschlossen, mich auf ein humanistisches Gymnasium zu schicken. Dort zeigte sich bald mein Naturell: Latein lag mir, das ist klar strukturiert, Altgriechisch weniger, das besteht nur aus Ausnahmen. Mein Traumberuf war zunächst Investigativjournalistin, bevor ich mich für ein VWL-Studium entschied. Dort entdeckte ich meine Liebe zu Zahlen, die bis heute geblieben ist.
Was begeistert Sie am meisten an Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Das hohe Maß an Abwechslung und die Möglichkeit, mich stets mit neuen Themen zu befassen. In meiner Rolle habe ich mit dem Immobilien-Kerngeschäft genauso zu tun wie mit unserer IT-Strategie und der Personalentwicklung.
Außerdem erfordern die interdisziplinären Abhängigkeiten bei Real-Asset-Investments strategisches Denken und Verhandlungsgeschick – genau das gefällt mir. Dabei begegne ich vielen engagierten und kreativen Menschen und habe Berührungspunkte mit Wirtschaft und Politik.
Gab es Entscheidungen in Ihrer bisherigen Karriere, die Sie heute anders treffen würden?
Diese Frage habe ich mir selbst schon oft gestellt. Mit meiner heutigen Erfahrung fällt es leicht, Momente zu finden, die ich heute anders angehen würde. Meine Eltern waren beide Beamte und konnten mich nicht „coachen“. Unternehmerisches Denken habe ich erst im Job und durch andere gelernt. Meine Entscheidungen habe ich auf Basis meines damaligen Wissens getroffen, so gut es eben ging. Aus Fehlern habe ich stets gelernt, deshalb bereue ich sie nicht.
Welche Eigenschaften sind am wichtigsten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Man sollte in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, wenn man ausreichend Informationen eingeholt hat, zu ihnen stehen und sie umsetzen. Kurskorrekturen bei neuen Entwicklungen sind in Ordnung, ein permanentes Hin und Her ist ein No-Go. Ferner sind Disziplin, ein hoher Qualitätsanspruch an sich selbst und ein ehrliches Interesse an anderen Menschen und ihren Meinungen wichtig. Egal, ob man seine Kollegen motiviert oder Konflikte löst – wer sich nicht in andere hineinversetzen kann, wird es schwer haben, zu überzeugen und erfolgreich zu führen.
Welches Buch oder welche Person hat Sie am meisten beeinflusst und warum?
Mich inspirieren Menschen, die ihre Aufgabe mit Leidenschaft erfüllen, andere mitreißen und ihre Vision operativ exzellent umsetzen. Viele haben großartige Ideen, die sie dann nicht realisieren oder die sich nicht realisieren lassen.
Ich hatte das Glück, in meinem Leben immer wieder Menschen zu treffen, die erfolgreich Projekte umgesetzt und großes Durchhaltevermögen bewiesen haben, übrigens auch im Non-Profit-Bereich!
Mich interessiert das „Wie“ viel mehr als das „Was“: Wie sind sie mit Herausforderungen umgegangen? Was hat sie motiviert, weiterzumachen? Durch den Austausch mit solchen Menschen konnte ich viel lernen.
Deshalb lese ich lieber Bücher, die vergangene Wirtschaftsereignisse und ihre Akteure genau analysieren als klassische Management Literatur mit theoretischen Tipps.
Welcher Moment war einer der wichtigsten in Ihrer beruflichen Laufbahn?
Bevor ich zu BEOS kam, war ich sechs Jahre lang Teil eines kleinen Kernteams bei einem mittelständischen Projektentwickler. Mit einer Handvoll von Kolleginnen und Kollegen waren wir für eine sehr große Quartiersentwicklung in München verantwortlich. Die Lernkurve war unglaublich steil, jeder von uns hatte mehrere Hüte auf, es gab keine Vertretung. Auch wenn die Arbeitsbelastung teilweise enorm war, hat mir die umfassende Verantwortung die Sicherheit gegeben, alle Belange einer sehr komplexen Projektentwicklung steuern zu können. Rückwirkend betrachtet würde ich sagen, dass ich danach keine Sorge mehr hatte, einer beruflichen Aufgabe nicht gewachsen zu sein.
Gibt es noch berufliche Ziele, die Sie erreichen möchten oder Projekte, die Ihnen am Herzen liegen?
Die Immobilienbranche hat sich durch den exogenen Zinsschock vor drei Jahren grundlegend verändert. Weitere Megatrends wie Künstliche Intelligenz, Klimaschutz und geopolitische Unsicherheiten beeinflussen uns als Vermögensverwalter erheblich. Unsere Produkte, die in unsicheren Zeiten finanzielle Sicherheit bieten, sind relevanter denn je. Dennoch müssen wir sie stärker als je zuvor an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen, da sich viele unserer Kunden in einem Transformationsprozess befinden. Somit ergeben sich stets neue Projekte. Die Interaktion mit unseren Kunden, die Suche nach den besten Lösungen mit dem Team und die anschließende Umsetzung – all das macht mir weiterhin großen Spaß!