Sascha Grammel ist Comedian, Puppenspieler und Bauchredner. Er ist Bambi-Preisträger und gewann u.a. 3x den Deutschen Comdedypreis und konnte mit seinen Videoalben Gold und Platin erreichen. Im Interview mit MANAGERS WAY spricht Sascha Grammel über seine Leidenschaft für den Beruf, seine Vorbilder und seine Wünsche für die Zukunft.
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
Sascha Grammel: Spandau, Bauchredner, unpünktlich.
Waren Sie ein guter Schüler und was war Ihr Traumberuf während der Schulzeit?
Bevor ich zur Schule musste, wollte ich Astronaut werden. Wie eigentlich jeder in meiner Straße. Außer diejenigen, die schon Astronaut waren. Dann wollte ich Cowboy, Herzchirurg, der Bärenmarke-Teddy, Untertassenjongleur und schließlich Zauberer werden. Letzteres war mein großer Bruder bereits. Zumindest besaß er bereits einen Zauberkasten, was den riesigen Vorteil hatte, dass schon jede Menge von kleinen Tricks und Illusionen quasi zuhause herumlagen.
In der Schulzeit hatte ich eine Eins in „abgelenkt-sein“. Nicht-zuhören konnte ich aber auch herausragend gut, dafür war ich im Auswendiglernen eine Null. Einen konkreten Berufswunsch hatte ich in dieser Zeit nicht. Tendenziell wollte ich entweder etwas mit Grafik-Design machen oder mit Menschen arbeiten. Die Schule und ich waren froh, als wir endlich getrennte Wege gehen konnten.
Was begeistert Sie am meisten an Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Im Moment sitze ich grad. Das liebe ich. Nur Liegen ist noch etwas schöner. Liegen und Sitzen. Nein, im Ernst. Dass ich tatsächlich mein liebstes Hobby und meine größte Leidenschaft, nämlich das Bauchreden und das Puppenspiel, zu meinem Beruf machen konnte – und das auch noch so erfolgreich, ist ein Geschenk. Ich bin mir dieses Glückes sehr bewusst und versuche jeden Abend auf der Bühne den Menschen etwas von diesem Glück zurückzugeben. Ohne die Zuschauer würde es mich nicht geben bzw. wäre ich immer noch ein unterdurchschnittlich begabter (weil verdammt pedantischer und deshalb langsamer) Zahntechniker.
Gab es Entscheidungen in Ihrer bisherigen Karriere, die Sie heute anders treffen würden?
Tatsächlich: nein. Vielleicht bin ich deshalb ein ganz zufriedener Mensch und tue nicht nur so.
Welche Eigenschaften sind am wichtigsten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Tja, ich würde sagen: Fleiß ist das Wichtigste. Das ist die Basis. Man muss sich schon ein ganzes Stück quälen wollen, wenn man wirklich etwas erreichen will. Wenn man noch obendrauf etwas Talent vom lieben Gott oder Mama und Papa mitbekommen hat (und dieses Talent auch selbst in sich entdeckt, es dann andere ebenfalls sehen und fördern) hilft das sicher, aber: Talent wird überschätzt. Fleiß dagegen oft etwas klein geredet. Weil Fleiß leider anstrengend ist. Glück und Talent fallen einem zu.
Aber es ist tatsächlich so: ohne Fleiß kein Preis. Und vielleicht kommt dann ganz am Ende noch ein bisschen Glück dazu. Ich sage immer, es stimmt, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, aber: dann sollte man auch etwas draufhaben.
Welches Buch oder welche Person hat Sie am meisten beeinflusst und warum?
Früher habe ich nicht viel gelesen. Ich war einfach zu beschäftigt. Und mir fehlte auch die innere Ruhe dafür. Erst jetzt nehme ich mir die Zeit, mich auch mal in ein schönes Buch zu vertiefen. Wenn man so will, dass wahrscheinlich einzig Positive an dieser Corona-Zwangspause.
Geprägt haben mich natürlich zuallererst meine Eltern und mein Bruder. Sie haben mir die wichtigen Werte im Leben vermittelt und vorgelebt. Dann sicher meine Freunde, mein privates Umfeld – das ich nebenbei bis heute hege und pflege.
Beruflich hat mich Jim Henson und die Muppet Show magisch in ihren Bann gezogen. Wenn man sich heute die alten Folgen davon anschaut, sind die zwar auch in die Jahre gekommen und die Erzählgeschwindigkeit hat sich natürlich dramatisch verändert, aber diese chaotische, kindliche Albernheit ist trotzdem noch immer zu spüren. Und so hat Jim Henson wohl damals schon bei mir den Wunsch geweckt, Menschen zum Lachen und zum Träumen zu bringen, sie wenigstens für ein paar Stunden aus ihrem oft schwierigen Alltag zu entführen und einfach nur gut zu Unterhalten. Und seitdem versuche ich diese unbedingte Leichtigkeit und den Mut zum Albern-sein, diesen kleinen, freundschaftlichen Schupser hin zum wieder-Kind-sein, in jedem meiner Programme auszuleben.
Welcher Moment oder welche Entscheidung war eine der wichtigsten in Ihrer beruflichen Laufbahn?
Ganz sicher, den Beruf des Zahntechnikers an den Nagel zu hängen, die vermeintlich gutbürgerliche Sicherheit aufzugeben und stattdessen “all in” für meine Idee der “Puppet Comedy” zu gehen.
Dass es zu Beginn dieser Selbstständigkeit auch einige schlaflose Nächte gab, verdrängt man in der Rückbetrachtung. Aber es war schon ein ordentliches Risiko, das ich aber einfach eingehen musste.
Und nach dem riesigen, aber für uns alle absolut überraschenden Erfolg vom ersten Programm “HETZ MICHT NICHT!” war es nochmals ein wichtiger Schritt, sich nicht darauf auszuruhen und das verdiente Geld aufs Altenteil zu packen, sondern es stattdessen wieder neu zu investieren. Und so haben mein genauso mit mir gewachsenes Team und ich es bis heute geschafft, dass das jeweils aktuelle Programm seinen Vorgänger immer wieder in Publikumszuspruch, Quoten und Zahlen getoppt hat.
Haben Sie bestimmte Rituale oder Gewohnheiten, um sich immer wieder neu zu motivieren?
Nein, “Rituale oder Gewohnheiten, um mich neu zu motivieren”, die brauche ich tatsächlich nicht. Ich liebe, was ich da tue. Ich lache nicht aus Versehen live sehr oft auf der Bühne, ich lache, weil ich wirklich Spaß an diesem ganzen Blödsinn habe, an dem Quatsch, den meine Puppen und ich da manchmal reden und zusammenspinnen. Ich finde das wirklich lustig.
Wäre ich nicht auf der Bühne, würde ich vor der Bühne stehen und mir das Ganze anschauen. Fernsehsendungen und DVDs und Blurays und was es sonst noch so alles gibt, mache ich tatsächlich nur, damit die Leute mich kurz sehen, Lust bekommen auf “Puppet Comedy” und dann hoffentlich zu mir in die Live-Shows gehen. Das ist der einzige Grund. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen, vor
meinem Publikum, in meiner Kulisse, mit meinem Programm und meine Zuschauer – hoffentlich – zu begeistern. Ich denke, das merkt man mir auch Abend für Abend an.
Welche Werbe-Maßnahmen waren die effektivsten und sinnvollsten für Ihre Karriere?
Es klingt vielleicht doof oder sogar etwas arrogant: aber die beste Werbung ist ein gutes Programm. Wenn die Menschen nach Hause gehen und am nächsten Tag ihren Freunden, Verwandten und
Kollegen erzählen, wie viel Spaß sie bei mir in der Show hatten, dann werden beim nächsten Stopp in der Stadt mehr Menschen in die Shows kommen wollen. Ist ein Programm nicht gut, gibt es denselben Effekt – nur negativ.
Weil wir alle an diesen Mechanismus glauben, lassen wir uns auch immer sehr, sehr viel Zeit mit einem neuen Programm und “Schnellschüsse” wird es bei mir nicht geben. Wir arbeiten stattdessen wirklich pedantisch und liebevoll an jeder Formulierung, an Satzbau und Mimik, an jedem Detail der Kulisse, immer mit dem Ziel, alles so lustig, wie nur irgend möglich zu machen. Lustig, aber auch nie auf Kosten anderer. Und bisher haben uns die Menschen für dieses Art zu arbeiten belohnt.
Gibt es noch berufliche Ziele, die Sie erreichen möchten oder Projekte, die Ihnen am Herzen liegen?
Ich träume weiterhin von einer Welt ohne Besteck und denke, dass das Kulturhaus Spandau eines Tages in einem Atemzug mit den Pyramiden von Gizeh und den Niagarafällen genannt wird. Zurecht.
Ansonsten sind meine Wünsche aktuell sehr simpel: ich hoffe inständig, dass diese Pandemie bald zu Ende geht, dieses Virus verschwindet oder wir einen funktionierenden Impfstoff finden, und wir – mein Team und ich aber auch genauso jeder andere Künstler und Kulturschaffende, Techniker, Roadie, Veranstalter, Clubbesitzer, und, und, und, der grad zum erzwungenen Nichtstun verdammt ist und von denen viele unverschuldet längst am wirtschaftlichen Existenzabgrund stehen – endlich wieder vor Publikum spielen und auftreten können. Wir dürfen die Kunst nicht vergessen!
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