Marie-Christine Ostermann ist Geschäftsführende Gesellschafterin des Lebensmittelgroßhandels Rullko. Sie engagiert sich als Mitgründerin und Stellvertretende Vorsitzende für Startup Teens, der reichweitenstärksten digitalen Bildungsplattform für Jugendliche in den Themen Unternehmertum und Coden in Deutschland. Zudem ist sie seit 2010 Mitglied des Aufsichtsrats der Fielmann AG. Im Karriere-Interview mit MANAGERS WAY spricht sie über ihre Schulzeit, über die Führung eines Familienbetriebes in vierter Generation und über ihr Engagement für die Non Profit Initiative Startup Teens.
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
Marie-Christine Ostermann: Freiheitsliebend. Verantwortungsbewusst. Mutig.
Waren Sie eine gute Schülerin? Und was war ihr Traumberuf während der Schulzeit?
Mein Abitur habe ich in Hamm mit einem Schnitt von 2,0 gemacht. Gut war ich in der Schulzeit in Mathe und Englisch/Französisch. Schlecht war ich in Biologie und Latein. Als Jugendliche wollte ich unbedingt professionelle Springreiterin werden. Meine ganze Kindheit habe ich überwiegend auf dem Pferderücken und auf Springturnieren in Westfalen verbracht. Ein Unfall, der mich zu einer zweijährigen Reitpause zwang, hat mich von diesem Traum abgebracht. Bis heute habe ich es nie bereut, mich für die Nachfolge in unserem Familienunternehmen entschieden zu haben.
Was begeistert Sie am meisten an Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Mich begeistert, dass ich unser Familienunternehmen bereits in vierter Generation führen darf. Es ist für mich ein großes Glück unser fast 100 Jahre altes Unternehmen in die Zukunft zu führen. Einige Mitarbeiter habe ich nach 50 Jahren Betriebszugehörigkeit in die Rente verabschiedet. Deren Kinder und Enkelkinder arbeiten teilweise auch in unserem Betrieb. Dieser familiäre Zusammenhalt über Generationen hinweg ist etwas ganz Besonderes.
Welche konkrete Entscheidung aus Ihrer bisherigen Karriere würden Sie heute anders treffen?
Ich bin mit 28 Jahren als geschäftsführende Gesellschafterin bei Rullko Großeinkauf eingestiegen und habe elf Jahre lang das Unternehmen gemeinsam mit meinem Vater geführt. Heute denke ich rückblickend ab und zu, dass ich mir mit dem Einstig in den Familienbetrieb noch mehr Zeit hätte lassen können und nach beruflichen Stationen bei Commerzbank und Aldi Süd noch mehr Erfahrung und Einblicke in anderen Unternehmen hätte sammeln können. Ich bin aber froh, dass ich während meiner Zeit als Studentin viel in den Semesterferien ausprobiert habe und Praktika in einem Handelsunternehmen in Hong Kong, in einer Künstleragentur in London und in einem Springpferdestall in San Diego gemacht hatte.
In Vorstellungsgesprächen wurde mir später manchmal vorgeworfen, mir würde der rote Faden für meine Karriere fehlen. Ich persönlich bin überzeugt, dass junge Menschen viel Unterschiedliches ausprobieren sollten, um ihren eigenen Weg ins berufliche und private Glück zu finden. Ich bin insgesamt sehr glücklich mit meinen Entscheidungen und war auch sehr gut vorbereitet auf die Unternehmensnachfolge bei Rullko.
Welche Eigenschaften sind am wichtigsten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Besonders wichtig ist, andere Menschen motivieren und inspirieren zu können. Ganz allein wäre ich nicht erfolgreich. Es ist das gesamte Team, das zum beruflichen Erfolg beiträgt.
Welches Buch oder welche Person hat Sie am meisten beeinflusst und warum?
Besonders geprägt hat mich sicherlich mein Vater. Er hat mir von klein auf beigebracht, was es heißt Unternehmer zu sein. Mut, Durchsetzungsvermögen, Bodenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Das sind alles Werte und Fähigkeiten, die er mir beigebracht hat. Ebenso wie das langfristige Denken und Handeln.
Welcher Moment war einer der wichtigsten in Ihrer beruflichen Laufbahn?
Der 70. Geburtstag meines Vaters vor vier Jahren war einer der wichtigsten Momente. Er hat sich anlässlich diesen Tages aus der operativen Geschäftsführung in den strategischen Bereich zurückgezogen und ich trage nun die Hauptverantwortung in unserem Unternehmen.
Welche Aus- oder Weiterbildung war die effektivste und sinnvollste für Ihre Karriere?
Meine Banklehre nach dem Abitur hat mich gelehrt, wie man mit Geld umgeht und wie die reale Arbeitswelt aussieht. Sehr hilfreich für mich war auch mein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen mit dem Schwerpunkt „Finanzierung/Rechnungslegung/Controlling“. Mit diesem Wissen war ich bestens auf meine Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin bei Rullko Großeinkauf vorbereitet, aber auch auf meine Mandate als Aufsichtsrätin.
Wie sieht die perfekte Wohnung, der ideale Rückzugsort für Sie aus?
Der perfekte Rückzugsort muss für mich gemütlich und freundlich sein, nicht zu groß, ruhig und in der Nähe der Natur.
Gibt es noch berufliche Ziele, die Sie erreichen möchten oder Projekte, die Ihnen am Herzen liegen?
Unser Familienunternehmen möchte ich mit 70 Jahren gesund an die nächste Generation abgeben. Die Non Profit Initiative Startup Teens liegt mir außerdem sehr am Herzen, die ich im Jahr 2015 zusammen mit anderen Unternehmern gegründet habe. Wir wollen über diese kostenlose Bildungsplattform erreichen, dass sehr viele Jugendliche unabhängig von Elternhaus, Wohnort oder Schulform unternehmerisches Denken und Handeln sowie Coden lernen können. Denn in der Schule lernen sie es zu wenig. Wir brauchen viel mehr Macher und Macherinnen in unserem Land, um zukunftsfähig zu sein. Mehr Gründer, Nachfolger in Familienunternehmen und mehr Intrapreneure, also unternehmerisch denkende und handelnde Angestellte. Ich möchte mit Startup Teens viel mehr Jugendliche möglichst früh für Unternehmertum begeistern und so dazu beitragen, dass unser Land innovative Gestalter und eine gute Zukunft haben wird.
Fotos: Frauke Schumann
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