André Rieu ist Violinist, Orchesterleiter, Arrangeur und Musikproduzent. Er konnte bisher mehr als 40 Millionen Tonträger verkaufen, erreichte über 500 Mal Platin und landete weltweit 30x an der Spitze der Musikcharts. Er wurde u.a. mit der Goldenen Stimmgabel, dem World Music Award und dem Classic BRIT Award ausgezeichnet. Im Karriere-Interview mit MANAGERS WAY spricht André Rieu über seinen Karriere-Weg, seinen beruflich wichtigsten Moment und seine Hoffnung und Wünsche für die Zukunft.
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
MANAGERS WAY: Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
André Rieu: Romantisch, leidenschaftlich, etwas ungeduldig. Ich will alles sofort, aber immer mit Spaß.
Waren Sie ein guter Schüler? Und was war ihr Traumberuf während der Schulzeit?
Ich habe kürzlich ein Zeugnis aus meiner Grundschulzeit wiedergefunden, darauf stand: „André ist ein netter Junge mit einem großen Herzen, aber viel Talent besitzt er nicht.“ So hat man Anfangs über mich gedacht. In der Schule war ich eigentlich gut, besonders in Sprachen. Mein Vater war Dirigent, und alle meine Geschwister – ich habe fünf – und ich sind Musiker geworden. An etwas anderes haben wir gar nicht gedacht.
Was begeistert Sie am meisten an Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Es war immer mein Traum mit meinem eigenen Orchester um die Welt zu reisen und auf der ganzen Welt romantische Musik zu machen. Ich habe 120 festangestellte Mitarbeiter, darunter 60 Musiker. Ich bekomme keine Subventionen, wir leben von den Tourneen. Das Schönste für mich sind natürlich die Konzerte. Die glücklichen Gesichter der Zuschauer zu sehen, Menschen aller Generationen und Nationalitäten, von Mexiko bis Australien, die miteinander singen und tanzen, das ist wunderbar.
Welche konkrete Entscheidung aus Ihrer bisherigen Karriere würden Sie heute anders treffen?
Jede Entscheidung, jede Niederlage hatte immer auch etwas Positives. Ich habe 2008 das Schloss Schönbrunn in Originalgröße als Kulisse für meine Stadion-Tour nachbauen lassen, mit Pferden, Kutschen, Brunnen, Tänzern – es war ein Traum. Alle Tickets waren ausverkauft, aber ich war am Ende mit 34 Millionen verschuldet. Aber es hat mich auf der ganzen Welt bekannt gemacht. Die Jahre danach waren alle Konzerte voll und die Schulden bezahlt. Ich würde es nicht nochmal machen, aber ich bereue es auch nicht.
Welche Eigenschaften sind am wichtigsten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Walt Disney hat einmal gesagt „If you can dream it you can do it.” Ganz so einfach ist es nicht, aber der Traum steht immer am Anfang. Um ihn zu verwirklichen braucht es vor allem Energie, harte Arbeit, Disziplin, Eigeninitiative und Mut! Dazu Menschen, die an Dich glauben, Optimismus und natürlich auch Glück und Gelegenheiten.
Welches Buch oder welche Person hat Sie am meisten beeinflusst und warum?
Meine Frau Marjorie. Erst sie hat mir das Selbstbewusstsein gegeben, meinen eigenen Weg zu gehen, meine Eltern dachten, aus mir wird sowieso nichts. Ohne sie wäre ich in der Gosse gelandet. Sie sah, dass ich als Orchestermusiker unglücklich war und ermutigte mich, mein eigenes Ensemble zu gründen. Unsere beiden Söhne waren damals noch klein. Marjorie ist Deutsch- und Italienischlehrerin und hat in dieser Phase des Umbruchs unsere Familie ernährt, bis ich das Maastrichter Salonorchester hatte und die ersten Auftritte bei Festen und in kleinen Theatern. Aus dem Salonorchester ist dann später das Johann Strauss Orchester entstanden, das größte private Orchester der Welt.
Welcher Moment war einer der wichtigsten in Ihrer beruflichen Laufbahn?
Ganz klar mein Durchbruch mit dem „Second Waltz“ von Schostakowitsch 1994. Auf YouTube gibt es eine Aufnahme vom Champions League Halbfinale Ajax Amsterdam – FC Bayern 1995. In der Pause bin ich raus und habe den Walzer gespielt – das ganze Stadion hat getobt. Ich habe auch bei den Spielen gegen Olympic Marseille und Real Madrid in der Pause gespielt. Zum Glück lag damals Ajax gerade vorne, sonst wäre ich nicht rausgegangen. Also habe ich meine Karriere auch dem FC Bayern zu verdanken! Wir verkauften in den Niederlanden danach eine Million CDs mit diesem Walzer. Danach änderte sich mein Leben komplett, das war unglaublich.
Wie wichtig ist Ihnen gutes Zeitmanagement und eine gesunde Work-Life-Balance?
Mein Johann Strauss Orchester und ich sind das halbe Jahr auf Tournee und das halbe Jahr zu Hause. Ich finde es wichtig und genieße es sehr, viel Zeit mit meiner Familie und meinen Enkeln zu verbringen. Ich trenne aber nicht zwischen Work/Life, bei mir geht es ineinander über. Ich arbeite nicht, ich habe Spaß. Marjorie und ich sprechen schon beim Frühstück über neue Programme und Stücke. Wir sind ein Familienbetrieb. Ich hoffe nur, dieser Spuk geht bald vorbei. Ich kann es nicht erwarten, wieder auf die Bühne zu gehen. Seit dem 13. März 2020 haben wir kein einziges Konzert mehr gegeben. Jetzt, während Corona, backe ich für die ganze Straße.
Welche Werbemaßnahme war die effektivste und sinnvollste für Ihre Karriere?
Das ist eine schwere Frage – ich würde sagen, es ist das Gesamtkonzept. Wenn ein Musikstück mein Herz berührt, weiß ich, es wird auch das meines Publikums berühren. Ich entscheide fast alles aus dem Bauch heraus. Für mich gibt es musikalisch keine Grenzen. Ich spiele in meinen Konzerten Walzer, Popsongs, Oldies, Schlager, Opernarien, Musical – das macht sonst niemand.
Und ich habe den Humor in die klassische Musikwelt gebracht, dazu schönes Licht, aufwendige Kostüme, Bühnendekoration. Ich möchte, dass meine Zuschauer glücklich nach Hause gehen. Deswegen ist die letzte halbe Stunde meiner Konzerte immer eine große Party. Also sind die effektivsten Werbemaßnahmen meine Konzerte selbst – Musik, Romantik und gute Laune.
Wie sieht die perfekte Wohnung, der ideale Rückzugsort für Sie aus?
Meinen idealen Rückzugsort habe ich mir in meiner Heimatstadt Maastricht geschaffen, wo ich ein kleines Schloss mit Orangerie und herrlichem Garten bewohne. Normalerweise reisen mein Orchester und ich das ganze Jahr um die Welt, von Buenos Aires bis Sydney und verbringen viel Zeit in Hotels. Der perfekte Rückzugsort ist deshalb meine Orangerie, mit all ihren schönen Schmetterlingen, Kois, Vögeln und Pflanzen. Hier kann ich wirklich entspannen und zur Ruhe kommen.
Gibt es noch berufliche Ziele, die Sie erreichen möchten oder Projekte, die Ihnen am Herzen liegen?
Ja! Ich habe in der Krise jetzt festgestellt, dass Rente nichts für mich ist. Noch bekommen wir als Unternehmen Unterstützung vom niederländischen Staat, dafür bin ich sehr dankbar. Wenn diese endet würde ich aber eher meine Stradivari verkaufen, als mein Orchester zu entlassen. Viele meiner Musiker sind bereits seit über 25 Jahren bei mir, wir sind eine große Familie.
Mein größtes Ziel und meine größte Hoffnung sind die Open Air Konzerte in meiner Heimatstadt Maastricht im Juli 2021. Wir haben über 100.000 Karten verkauft, die Zuschauer kommen aus 99 Ländern, und wir dürfen Zusatzkonzerte geben. Es ist mein innigster Wunsch, dass die Pandemie zu Ende geht und die Konzerte auf dem Vrijthof stattfinden können. Dann feiern wir das Leben!
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